Kultur erleben
 


"Was Kultur wert ist" von Dörte Nimz 

Peter Brötzmann im Gespräch 

Chinaausstellung in Wolfburg 

In Musik denken - Gespräch mit Juan Allende-Blin 























„Kann es sich eine Gesellschaft erlauben, die Verantwortung für Kultur langfristig der Bereitschaft Einzelner zur Selbstaufopferung zu überlassen?“ fragt Dörte Nimz von NIMZ – Raum für Konzepte anlässlich ihrer Begegnung mit Kulturschaffenden in Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo und fordert, dass die Arbeit im Kulturbereich ihrem Stellenwert in der Gesellschaft entsprechend entlohnt wird. Dörte Nimz konzipiert, recherchiert und organisiert Kulturprojekte aller Art: Kunstausstellungen, Filmreihen, Internetprojekte, Events, Literaturinstallationen oder Kulturreisen
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Was Kultur wert ist

Vergangenen Monat organisierte ich eine Kulturreise für deutsche Journalisten nach Bosnien-Herzegowina und in das Kosovo. Neben Gesprächen mit Vertretern der Internationalen Gemeinschaft, Politikern und Medienvertretern stand die Begegnung mit der Kulturszene auf dem Programm, die dort völlig anders strukturiert ist als in Deutschland.

Die kulturelle und intellektuelle Elite ist größtenteils während des Krieges ausgewandert und nicht zurückgekehrt. Im ehemaligen Jugoslawien gab es etliche Studiengänge nur in einzelnen Republiken, so dass die Ausbildung in diesem Bereich erst neu aufgebaut werden muss; im Kosovo war Albanern der Zugang zu Bildung verwehrt, so dass dort eine ganze Generation ihre Ausbildung im Untergrund erhalten hat. Und so sind es in Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo sehr junge und nur sehr wenige Menschen, die die Kulturszene am Leben erhalten. Etliche von ihnen arbeiten in mehreren Jobs gleichzeitig. Fast jeder engagiert sich ehrenamtlich in der Jugendarbeit und der Bildung, in der Hoffnung, so nachhaltige Veränderungen bewirken zu können.

Kulturarbeit hat in beiden Regionen eine ganz andere Bedeutung als bei uns. Während unsere Gesellschaft Kultur weitgehend als Selbstzweck und die Arbeit im Kulturbereich als Selbstverwirklichung wahrnimmt, geht es in diesen jungen Nachkriegsgesellschaften darum, einer entwurzelten Gemeinschaft durch Kunst, Filme, Theater und Literatur Impulse zur Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu geben und so Ansätze zur Identifikation und Selbstdefinierung zu bieten. Das Ziel der Akteure ist kein Geringeres, als die Zukunft ihres Landes mitzugestalten.

Die Begegnung mit dieser Art kultureller Arbeit ist sehr inspirierend. Einerseits beeindrucken die Energie und der Idealismus der Handelnden. Andererseits ist es faszinierend zu sehen, welche Bedeutung die Kultur in einer Gesellschaft eigentlich hat: Sie ist ein wesentliches Element der gemeinsamen Identität, trägt entscheidend zur Aufklärung bei und prägt langfristig den Charakter einer Gemeinschaft. Es ist hilfreich, sich diesen Stellenwert von Kultur im Alltag gelegentlich wieder vor Augen zu führen. Natürlich kann man die geschilderten Verhältnisse nicht blauäugig auf Deutschland übertragen.

Dennoch leistet Kultur auch hierzulande Großes – und das sollte auch angemessen honoriert werden. Doch in Deutschland führt das Engagement im Kulturbereich trotz eines Vollzeitjobs oft zu einem Leben unterhalb der offiziellen Armutsgrenze.

Kann sich unsere Gesellschaft diese Form der Vernachlässigung auf Dauer leisten?
(c) Dörte Nimz 2004

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Kontakt: NIMZ - Raum für Konzepte, Rathenauplatz 13, 50674 Köln | Tel. 0221-280 68 41, Fax 0221-280 68 42 | nimz@n-i-m-z-.de | www.n-i-m-z.de